Lean macht erfolgreich (Teil 2)

Wettbewerber haben neue Produkte und Technologien, Kunden fordern günstigere Preise oder eine höhere Qualität, Banken geben keine Kredite mehr, der Staat verabschiedet neue Gesetze und Verordnungen – im Unternehmensalltag gibt es viele Gründe dafür, eine Veränderung in großem und kleinerem Umfang anzustoßen und durchzusetzen. Wirtschaft, Gesellschaft und Politik, Technologie und Ökologie – aus allen Feldern erwachsen neue Herausforderungen, die ein Unternehmen zum Reagieren zwingen. Es ist Sache des Managements, Veränderungen anzustoßen und einen Change-Prozess zu initiieren. Das ist der unternehmerische Alltag.

Doch 85 bis 90 Prozent aller Projekte werden nicht zu Ende geführt, unterbrochen, erreichen das Ziel nicht, überschreiten die Zeit, werden anders beendet als sie begonnen wurden und versickern einfach im Biotop der unvollendeten Visionen. Nicht umsonst diagnostizierte der damalige Bundespräsident Herzog in seiner „Ruck-Rede“: „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“. In vielen Organisationen sieht es genauso aus. Man kennt die Herausforderungen, oft auch die Maßnahmen. Doch wie kann man eine nachhaltige Umsetzung erreichen und was sind die Faktoren, um die Projekte erfolgreich zu gestalten?

Aufbauend auf 20 Jahren Projekterfahrung haben sich folgende Erfolgsfaktoren herauskristallisiert, die unbedingt beachtet und gelebt werden müssen, wenn man Lean Management nachhaltig implementieren will und das Denken der Mitarbeiter und Führungskräfte verändern möchte.

  1. Planung des Erfolges
  2. Committment der Führung
  3. Ganzheitlicher Ansatz
  4. Veränderung des Mindsets
  5. Messen des Erfolges

Projekterfolge planbar zu machen ist das Ziel!

Erfolgsfaktor 1: Planung des Erfolges

Mitarbeiter zu überzeugen, dass Lean etwas Gutes ist, die Mitarbeiter zu motivieren, etwas anders zu machen als sie es bisher getan haben. Mitarbeiter für Lean begeistern, geht nicht von selbst sondern bedarf genauer Planung.

Denn die Wahl des richtigen Ansatzpunktes für ein Lean-Projekt ist entscheidend, um einerseits die größten Effekte zu erzielen und andererseits durch frühzeitige Erfolgsmeldungen für die richtige Motivation der beteiligten Mitarbeiter zu sorgen.

Nicht immer ist es sinnvoll, dort anzufangen, wo man die spektakulärsten Erfolge ernten kann, nach dem Prinzip „50 Prozent Rüstzeitreduzierung – kein Problem“. Denn es nutzt wenig, wenn die Rüstzeit an einer Maschine reduziert wird, die für den Fertigungsfluss unbedeutend, also z.B. nicht im Engpass liegt und somit für das Betriebsergebnis nicht relevant ist. Denn ohne messbare Ergebnisse wird die notwendige Akzeptanz im Management nicht lange vorhalten.

In einem Bereich anzufangen, der Lean gegenüber positiv eingestellt ist, und der Wille für Veränderung besteht, sollte präferiert werden. In diesem Segment dann im Engpass zu beginnen, ist der Königsweg. Parallel sollten dann möglichst gleichzeitig alle Mitarbeiter dieses Organisationsbereiches aktiviert werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor bei der Planung der Projekte bildet der zeitliche Ablauf, d.h. kaskadierende Einführung von Lean Management über 2 – 3 Jahre sind eindeutig im Nachteil gegenüber einer gleichzeitigen Einbindung aller Mitarbeiter in den Veränderungsprozess.

Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projekt scheitert, steigt mit der Länge des Projektes. Never ending stories bleiben never ending und vermitteln den Mitarbeitern keine Dringlichkeit und geben keine Erfolgserlebnisse. Projekte mit hoher Veränderungsgeschwindigkeit dagegen bieten schnell sichtbare Erfolge und lassen staunen. Sie motivieren, so einem Erfolg nachzuliefern.

Erfolgsfaktor 2: Commitment der Führung

Eigentlich gehört dieser Punkt in den Bereich Planung des Erfolges, doch ist dieser Punkt so wichtig, dass er als ein eigenständiger Erfolgsfaktor herausgestellt werden muss. Denn ohne Committment der Führung lassen sich keine Veränderungen im Unternehmen erreichen. Steht die Führung nicht hinter dem Projekt Lean-Einführung, wird es irgendwann im Verlaufe des Projektes zu Problemen kommen, wahrscheinlich inititiert von Führungskräften, die Lean nicht verstehen wollen und es – aus welchen Gründen auch immer – ablehnen. Greifen dann die Geschäftsführer nicht durch, wird das Projekt und der Wille zur nachhaltigen Veränderungen schwächer und schließlich dazu führen, dass das Projekt auf dem allseits vorkommenden Projektfriedhof landen.

Obwohl Lean von der Mitarbeit der Menschen im Unternehmen vom Shopfloor bis in die Chefetagen gelebt werden muss, ist Lean kein Bottom-up-Ansatz sondern ein Management-Ansatz. Jede Branche hat ein bestimmtes nach Lean-Gesichtspunkten erfolgreiches Businesssystem und den damit verbundenen Prinzipien nach dem die Unternehmen in dieser Branche arbeiten oder arbeiten sollten. Die Automobil- und Automobilzuliefererindustrie ein anderes als die Prozessindustrie oder Dienstleistungsunternehmen. Das Management hat die Aufgabe, dieses branchenspezifische Produktionssystem auf die Gegebenheiten ihres Unternehmens anzupassen und die Prinzipien, nach dem dieses „Produktionssystem“ funktionieren soll, festzulegen.

Aber nicht nur die Prinzipien des Lean Thinkings sind wichtig sondern das Management muss genauso die Führungsprinzipien und die Verhaltensregeln festlegen, nach denen das Unternehmen funktionieren soll. Diese sind genauso wichtig. Bestimmen Sie doch das Miteinander und die Zusammenarbeit untereinander. Sie geben damit Leitlinien und Leitplanken, in denen der Mitarbeiter agieren und eigenverantwortlich handeln kann.

Dies muss Top down geschehen und ist die Aufgabe des Managements bevor ein Projekt initiiert wird.

Bottom up können dann die Lean-Experten daran gehen, die Werkzeuge und Methoden auszuwählen, die diesen Prinzipien Geltung verschaffen können. Den Mitarbeitern werden dann die Methoden und Werkzeuge an die Hand gegeben, um auf Basis ihres Fachwissens die Prozesse so zu gestalten, dass sie ohne Verschwendung ablaufen und im Rahmen der Leitplanken (Prinzipien) und der Erfüllung des Unternehmenszieles (System) dienen.

Steht die Führung des Unternehmens nicht zu dieser Top down-/Buttom up-Vorgehensweise, wird es immer wieder gelingen, das Projekt einer Lean-Einführung gefährlich zu stören und die Ernsthaftigkeit in Frage zu stellen.

Dies bedeutet aber auch, dass das Management nach diesen Prinzipien führt und die Vorbildsrolle übernimmt. Das heißt auch, dass das Management in der Fertigung und/oder Verwaltung geübt ist, Verschwendung zu identifizieren, nicht eingehaltene Standards bei Ordnung und Sauberkeit zu erkennen und Verstöße gegen Umwelt-, Gesundheits-, Sicherheits- und Qualitätsvorschriften direkt zu verfolgen. Die Führungskräfte müssen – wir nennen es dies

Sehen Lernen

und müssen dann, wenn sie etwas gesehen haben, richtig handeln – wir nennen es dies

Gehen Lernen

Wie muss ich also handeln, wenn ich z.B. eine Zigarette auf dem Boden liegen sehe? Ignoriere ich sie? Hebe ich sie selbst auf? Oder bitte ich einen Mitarbeiter, sie aufzuheben?

Natürlich gehe ich als Führungskraft dort nicht vorbei, hebe sie aber auch nicht auf, sondern bitte den Mitarbeiter sie aufzuheben, denn es ist sein Verantwortungsbereich und damit ist er für Ordnung und Sauberkeit zuständig und wird denjenigen, der die Zigarette dort hingeworfen hat, identifizieren und dafür Sorge tragen, dass dies nicht wieder vorkommt.

Sehen Lernen und Gehen Lernen sind Lernprogramme aus unserem interaktiven, multimedialen Lernsystem zur Unterstützung der Führungskräfte in ihrer Vorbildfunktion und zur Ausprägung einer Lean-geprägten Verhaltenskultur. Die Vorbildfunktion der Führung ist eine notwendige Voraussetzung für eine Veränderung des Mindsets. Man kann sogar sagen, ohne Commitment der Führung und ohne gelebte Vorbildfunktion des Managements wird kein Projekt erfolgreich sein.

Neben der Ausbildung der Führungskräfte in ihrer Vorbildfunktion bildet die Definition von Zielen ein weiteres wichtiges Element.

Konkrete Ziele sind das A und O eines Veränderungsvorhabens und seiner Aktivitäten. Das gilt für ein Projekt auf Bereichsebene 1 ebenso wie für größere und komplexere Vorhaben. Ziele sind Sache des Managements, sie werden Top down vorgegeben und müssen mit den jeweiligen Teams abgestimmt werden. Die konkreten Maßnahmen, mit denen sie diese Ziele erreichen wollen, bleiben den Teams überlassen.

Sind die Ziele SMART, unterstützen sie den Veränderungsprozess wirkungsvoll:

S   –   Specific   –   Ziele müssen eindeutig definiert sein.

M   –   Measurable   –   Ziele müssen messbar sein.

A   –   Achievable   –    Ziele müssen erreichbar sein.

R   –   Relevant   –   Ziele müssen bedeutsam sein und einen Mehrwert liefern.

T   –   Timely   –   Eine Terminvorgabe gehört zu jedem Ziel.

Gerade bei dieser Zieldefinition ist das Management gefordert. Wollen diese eine wirkliche Veränderung erreichen, müssen Ziele und Visionen so anspruchsvolle sein, dass sie nicht mit einfachen Optimierungsmaßnahmen erreicht werden können.

Nur so werden Sie die Mitarbeiter dazu bewegen, neue Herausforderungen anzunehmen und neue Wege zu gehen, d.h. es müssen bewusst anspruchsvolle Ziele definiert und dann auf die einzelnen Bereiche heruntergebrochen werden, so, dass sie für die Mitarbeiter erreichbar erscheinen, z. B. in 5 Jahren wollen wir 30 Prozent wachsen. Diese Ziele sollten dann in Jahresscheiben heruntergebrochen und auf die einzelnen Bereiche verteilt werden. Eine Verkürzung der Durchlaufzeiten um 50 Prozent beispielsweise mag zahlenmäßig gewaltig wirken. Aber eine Woche im Vertrieb, zwei Wochen in der Konstruktion und eine Woche in der Fertigung sind für die betroffenen Mitarbeiter eher verständlich und gelten dann als machbar.

Teil 3 von „Lean macht erfolgreich“ wird am nächsten Freitag veröffentlicht.

Bleiben Sie uns gewogen – bleiben Sie Lean.

Ihr Bodo Wiegand

P.S.: Wollen Sie mehr erfahren? Kommen Sie zum 11. Lean Management Summit in Düsseldorf vom 5. bis 7. November. Der Summit steht unter dem Motto

„Wer ernten will, muss richtig säen und pflegen!“

Welche Schritte muss ich auf dem Weg zur selbstlernenden Organisation unternehmen? Wie kann ein interaktives, multimediales Lernsystem stützen und beschleunigen? Die Antworten auf diese Fragen erhalten Sie von Fach- und Führungskräften aus erfolgreichen Lean-Companies, die von ihren Erfahrungen berichten. Sie schildern Ihre Erfolgsfaktoren aber auch Herausforderungen. In intensiven Gesprächskreisen können Ihre konkreten Fragestellungen diskutiert werden.

Bleiben Sie uns gewogen – bleiben Sie Lean.

Ihr Bodo Wiegand

1 Gedanke zu „Lean macht erfolgreich (Teil 2)“

  1. TOP BEITRAG,

    Wir haben uns im vergangen Jahr, im Juni, im Signal Iduna Park, bei einem Seminar der Fa Itelligence kennen gelernt.
    Ich fand Ihren Vortrag damals sehr interessant.
    Ich selbst gebe auch Beratung in Sachen Lean,
    meist, bei Seminaren im Institut für Umformtechnik in Lüdenscheid.
    Am 4.11.14 trage ich in Heidelberg für Iteligence zum Thema Kapazitäts und Feinplanung mit SAP Boardmitteln, vor.

    Vielleicht sehen wir uns ja man wieder,

    Gruß,

    Michael Köster

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